Haushaltsrede 2022

 

Haushaltsrede Fraktion Freie Wähler Calw

Haushalt 2022 / Fraktionsvorsitzender Dieter Kömpf

GR-Sitzung 16.12.2021

 

Guten Tag zusammen,

 

der Haushalt, das Königsrecht des Gemeinderats, der Gestaltungs-spielraum mit dem wir die gesetzten Ziele umsetzen wollen.

„Wer seine Ziele kennt, kann den Kurs bestimmen.“ Gilt dies Zitat auch für uns? Aber wenn wir ehrlich sind, müssen wir uns fragen, wie viel Gestaltungsspielraum haben wir als Gremium denn wirklich? Die meisten Ausgaben sind doch fix und sogenannte Pflichtaufgaben, an denen es nichts zu rütteln gibt. Unser Spielraum ist schon äußerst gering und wird durch immer neue Aufgaben, die den Kommunen aufgeladen werden, immer kleiner. So ist der Nettoressourcenbedarf im TH 3, Bildung, Jugend und Soziales, von 2020 mit 7,873 Mio. € auf 10,433 Mio. € in 2022 gestiegen. Das ist eine Steigerung von 32,51 %, eine Steigerung, die es zu verdauen gilt.

 

Unser Ziel, mit der Hilfe eines Gutachtes die Organisationstrukturen besser in den Griff zu bekommen und auf der Grundlage des Gutachtens diese effektiver zu gestalten, hat sich nicht erfüllt. Das Ergebnis ist sehr ernüchternd.  Anstelle von Strukturverbesserung benötigen wir nun

3,45 Stellen mehr.

 

Vielleicht ist die Gemeindeprüfungsanstalt, die GPA, nicht das richtige Institut um nach anderen Strukturen zu schauen oder unsere Strukturen sind absolute Spitze, beim Letzteren fehlt mir allerdings der Glaube.

 

 

Vor allem, wenn wir mitbekommen wie lang Arbeitsprozesse dauern

wie z. B. im letzten Bau- und Umweltausschuss berichtet wurde, dass Rechnungen nicht skontiert werden können, weil der Durchlauf durch die Verwaltung zu lange dauert. An diesem kleinen Beispiel wird deutlich, dass es doch noch einiges Potenzial gibt, was zu verbessern ist.

 

Es führt kein Weg an effizienteren Strukturen und Prozessen vorbei, denn 37 % unsere ordentlichen Aufwendungen sind Personalkosten. Zwischen 2019 mit 104,11 Stellen und 2022 mit 119,55 Stellen gab es eine Steigerung in der Kernverwaltung von 15,44 Stellen, das sind 14,83 %. Der Stellenaufbau in den Kigas oder der Musikschule ist hier nicht mitgezählt. Unsere Einnahmen verkraften solche Stellenmehrungen einfach nicht, d.h. wir müssen Effizienzgewinne heben, z.B. mit Hilfe der Digitalisierung.

Im Haushaltsplan 2021 waren für die Jahre 2023 und 2024 3 Mio. € Kredite vorgesehen, im Plan 2022 sind es für diesen Zeitraum bereits      8 Mio. €. Wir können uns nicht immer weiter in einem solchen Ausmaß verschulden, auch wenn die Zinsen sehr niedrig bzw. sogar negativ sind.

 

Herr Kling, auch wenn sie den Vergleich mit dem Schuldenhöchststand von 2015 bringen und wir im Haushalt 2022 noch ein wenig davon entfernt sind, so lässt sich dies nicht vergleichen. Wir hatten in 2015 ein Plus, bei Steuer abzüglich von Umlagen von 20,076 Mio. € und in 2018 sogar ein Plus von 32,806 Mio. €.  (12,73 Mio. Mehreinnahmen) In den Jahren 2015 bis  2018 war es leichter Schulden zu tilgen und auch zu investieren, selbst im Jahr 2019 waren es noch 29 Mio. € Steuereinnahmen abzüglich der Umlagen. Ab 2020 kam dann der Rückgang der Einnahmen auf 26 Mio. €

 

Die Steigerung unsere Einnahmen aus Steuern und Zuweisungen wird nicht mehr so ansteigen, wie es in den Jahren 2016 ff. der Fall war.

Die Steuerschätzung hat zwar nochmals ca. 600 T€  Mehreinnahmen gebracht und die Kreisumlage wird niedriger sein wie geplant, trotzdem sind es nicht Steigerungen wie in den Jahren von 2016 bis 2019.

 

Leider ist es das große Dilemma vieler Kommunen, die nicht mit hohen Einnahmen gesegnet sind, die zweifellos berechtigten Investitionen in die Infrastruktur, in Schulen und Kindergärten durchführen, ohne weitere Verschuldung, dass ist die spannendste  Aufgabe hier Lösungen zu finden,

sozusagen “die Quadratur des Kreises“.

 

Aber es gibt auch Erfreuliches zu berichten. Dank Ihrem Engagement Herr Kling und das ihrer Mannschaft, bekommen wir im Verhältnis zu früher mehr Zuschüsse. Vom Hesse Museum, dem Mobilitätszentrum über den Stadtgarten bis hin zur Innenstadtentwicklung. Vorhaben, die wir sonst sicher nicht durchführen könnten, im Besonderen die Förderung der Innenstadt nach Corona.

 

Ich habe viel Artikel gelesen die sich mit den Innenstädten nach Corona beschäftigen und die auch viele Ratschläge parat hatten. Mir ist aber nichts Vernünftiges für Calw begegnet, wobei sicher die Frage ist, was ist vernünftig. Es waren oft Maßnahmen für größere Städte, wie Umwand-lung von Verkaufsflächen in Büros und Wohnungen und vieles mehr. Bei uns ist dies alles kleinteiliger, aber nicht weniger problematisch.

 

Corona ist sicher nicht der einzige Grund weshalb Geschäfte schließen, aber Corona hat vieles beschleunigt und die Probleme aufgezeigt.

Das Einkaufen im Netz ist für viele das Maß der Dinge und ob die Kunden jemals für den stationären Handel zurück zu gewinnen sind, wird uns die Zukunft zeigen. Am Montag hat selbst ein bekannter Moderator in der ARD berichtet, er wollte nicht im Netz einkaufen, hat es jetzt aber doch getan …..

 

Ein zweiter Corona Winter trifft den Handel und die Gastronomie ins Mark. Jetzt ist schnelles Handeln notwendig um in Calw konkrete Dinge umzusetzen. Hier muss die Verwaltung und der Gewerbeverein eng und zügig handeln, ansonsten verlieren wir weitere Ladengeschäfte. Die Mittel aus der Förderzusage helfen uns Calw attraktiv zu machen, wir dürfen keine Zeit verlieren.

 

Vieles was in den letzten Jahren oft kontrovers diskutiert wurde wird z.Z. realisiert und sorgt bzw. wird für eine attraktivere Stadt sorgen, wie der Gesundheitscampus, die Hesse Bahn, die Polizeidirektion und der Lindenrain, um ein paar beispielhafte Projekte zu nennen.

 

Die Überplanung des Krankenhausareals ist für die Innenstadt eins der wichtigsten Maßnahmen in den nächsten Jahren. Ende 2023 ist die Fertigstellung des Gesundheitscampus geplant. Leider wissen wir noch nicht, wie es genau mit dem Gelände weiter geht. Zwei Jahre sind für diese Planung eigentlich zu wenig, von den anstehenden Genehmi-gungen ganz zu schweigen.

Hier ist jetzt handeln gefragt.

 

Auch ein Zukunftsprojekt ist unser Flächennutzungsplan. Ich bin überzeugt, dass durch die Hermann Hesse Bahn es weiteren Druck auf den Wohnungsmarkt in Calw geben wird, da alleine im Kreis Böblingen bis 2030 ca. 14 600 Wohnungen fehlen. Wir wissen alle wie lange die Umsetzung von neuem Wohnraum dauert. Der Handlungsbedarf ist sehr groß. Nun stellt sich mir die Frage, was macht unsere eigene Immo? Wann haben wir hier einen Prüfauftrag an die Verwaltung gegeben?

 

Schnell und auch unkompliziert handelt eine unsere Tochtergesell-schaften, die DEER. Wir haben hier ein Juwel in unserer Stadt, ein Carsharing Anbieter der weit über die Kreisgrenze bekannt ist und ein absolut gutes Angebot vorhält. Hier wird die Mobilitätswende gelebt!

 

Auch mit unserer jüngsten Tochter, der Schwarzwald Power, tragen wir zur Energiewende bei. Leider ist dies nicht bei allen immer so präsent, deshalb wollte ich es hier lobend erwähnen.

 

Aber nun zur Entscheidung. Wir werden dem Haushaltsplan 2022 zustimmen. Der Gemeinderat hat seinen Spielraum genutzt und konnte die Dinge, die ihm wichtig sind, darin verankern. Wir werden auch weiterhin, wenn auch unter schwierigsten Bedingungen, an der Zukunft unserer Stadt arbeiten.

 

Zum Schluss, möchte mich bei Ihnen allen für die konstruktiven Beratungen bedanken, vor allem auch bei der ganzen Verwaltung und Ihnen Herr Kling.